Zielgerichtete Therapie statt klassischer Chemo: Neue Behandlungsstandards im Kampf gegen Brustkrebs

8. März 2023
iSTOCK, Vasyl Dolmatov

Jährlich erkranken 5.500 Österreicherinnen und 100 Österreicher an Brustkrebs. In diesem Zeitraum sterben nach wie vor 1.400 Menschen an dieser Krankheit. Der aktuelle Standard in der Behandlung setzt zunehmend auf zielgerichtete, personalisierte Therapien. So erhalten – je nach Brustkrebssubtyp – ca. 80 % der Patienten Anti-Hormon-Therapien, 15 % von ihnen HER-2-gerichtete Therapien und 10 – 15 % innovative Immuntherapien. Klassische Chemotherapien konnten deutlich reduziert werden und finden nur noch bei etwa 30 % der Patienten statt.

Über die internationalen Brustkrebstherapiestandards der nächsten 2 Jahre wird vom 15. bis 18. März beim Konsensus-Meeting der St. Gallen International Breast Cancer Conference im Austria Center Vienna entschieden. „Nach wie vor erkrankt in Österreich eine von 8 Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. In den letzten 20 Jahren ist es jedoch durch Früherkennung und verbesserte Behandlungsmöglichkeiten gelungen, die Sterblichkeitsrate um ein Drittel zu reduzieren. 95 % der Diagnosen werden so in einem Frühstadium erstellt, in dem sehr gute Heilungschancen bestehen. Und auch bei den Brustkrebserkrankungen, die nicht heilbar sind, ist es möglich, dass die Patientinnen und Patienten 10 Jahre oder länger mit dieser Krankheit leben können,“ so Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant, Präsident der Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group und Conference Co-Chair der diesjährigen Konferenz.

Zielgerichete Behandlung kann Einsatz von Chemotherapien deutlich reduzieren

Je früher Brustkrebs erkannt wird, desto höher sind auch die Überlebenschancen. „80 bis 85 % der Menschen, die mit einem frühen Brustkrebs diagnostiziert werden, überleben derzeit diese Krankheit,“ erklärt Gnant. In der Behandlung wird auf chirurgische Verfahren, Strahlentherapie und Medikamente gesetzt. „Der neue Behandlungsstandard ist die zielgerichtete Therapie. Je nach Subtypus des Brustkrebses, den wir auf Basis von Gewebeproben bestimmen können, werden Anti-Hormon-Therapien, Immuntherapien und Zellzyklusinhibitoren eingesetzt, die zielgerichteter und damit schonender für die Patienten sind,“ so Gnant weiter. Der Einsatz von klassischen Chemotherapien konnte damit deutlich reduziert werden und findet nur mehr bei 30 Prozent der Patienten statt.

SERDS als neue Revolution bei den Anti-Hormon-Therapien

Drei Viertel der Brustkrebspatienten weisen an der Oberfläche spezielle Hormonrezeptoren auf. Sie sprechen daher gut auf Anti-Hormon-Therapien an, welche die Bildung oder die Wirkung von Östrogenen blockieren und so das Wachstum von hormonempfindlichen Tumorzellen verhindern. Um gerade bei Langzeitbehandlungen Resistenzen auf Anti-Hormon-Präparate zu verhindern, wurden nun selektive Östrogen-Rezeptor-Down-Regulatoren, sogenannte SERDs, entwickelt, die sehr vielversprechend sind und so die Krebszellen auch langfristig in Schach halten können.

Anti-HER-2-Therapien im Kampf gegen aggresiveren Brustkrebs

15 Prozent der Brustkrebspatientnnen haben einen erhöhten Anteil des Rezeptors HER-2. Das sind Bindungsstellen für Wachstumsfaktoren, die eine Krebszelle zur Teilung antreiben. Ein vermehrtes Vorhandensein dieses Rezeptors kann mit einem aggressiveren Verlauf und erhöhtem Risiko für Metastasen einhergehen. „Daher behandeln wir jetzt diese Patienten mit einem speziellen Antikörper, der die HER2-Rezeptoren blockiert und damit den Wachstumsreiz des Brustkrebses wegnimmt,“ so der Brustkrebsspezialist.

„Immun“therapie als Trojanisches Pferd mit großer Wirkung

Bei 10 bis 15 Prozent der Fälle kommen mittlerweile spezielle Immuntherapien auf Basis von Checkpoint-Inhibitoren zum Einsatz. Die sogenannten ACDs, das steht für Antikörper-Medikamenten-Konjungate, sind Molekühlkombinationen aus Antikörpern und Chemotherapie. „Mithilfe des Antikörpers bindet sich das Medikament an die Tumorzelle und wird von ihr wie ein trojanisches Pferd verschluckt. Im Inneren des Brustkrebstumors werden dann die chemotherapeutischen Wirkstoffe, die an das Molekül gebunden sind, aktiv und zerstören den Brustkrebs von Innen heraus,“ erklärt der renommierte Chirurg.

Brustkrebsvorsorge der Zukunft: Analyse zirkulierender Tumorzellen

Auch in der Krebsvorsorge könnte sich einiges bewegen. Sind derzeit Selbstuntersuchungen, regelmäßige Mammographie ab 45 Jahren und spezielle Ultraschalluntersuchungen die Eckpfeiler für eine mögliche Früherkennung von Brustkrebs, könnten diese Vorsorgemethoden zukünftig mit Blutuntersuchungen ergänzt werden. „Die Forschung geht dahin, im Blut nach molekularen Spuren von zirkulierender Tumor-DNA zu suchen,“ erklärt Gnant. Gelingt dies, hätte man einen weiteren Verbündeten in der Früherkennung von Brustkrebs.

Österreichische Brustkrebsforschung weltweit on top

Dass heutzutage Brustkrebs schon so gut erkannt und behandelbar ist, ist der innovativen Brustkrebsforschung zu verdanken. „In der Brustkrebsforschung sind wir in Österreich vor allem dank der österreichischen Patientinnen, die an klinischer Brustkrebsforschung teilnehmen und den Zugang zu den Behandlungen wollen, weltweit an vorderster Front in der Bekämpfung von Brustkrebs,“ betont Gnant. Dieser Stil der „vereinten Kräfte“ von Patienten, Medizinern und Wissenschaftlern zieht auch alle 2 Jahre die Spezialisten aus aller Welt nach Wien, um hier bei der St. Gallen International Breast Cancer Conference die Behandlungsstandards der nächsten zwei Jahre in einem Konsensus-Meeting festzulegen. „Meine Vision ist es, dass wir so gemeinsam in diesem Jahrhundert eine Situation erreichen, in der kaum jemand mehr an Brustkrebs sterben muss,“ so Gnant abschließend.

Über die IAKW-AG und den SGBCC

Die IAKW-AG (Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien, Aktiengesellschaft) ist verantwortlich für die Erhaltung des Vienna International Centre (VIC) und den Betrieb des Austria Center Vienna. Das Austria Center Vienna ist mit 19 Sälen, 180 Meetingräumen sowie rund 26.000 m² Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum und gehört zu den Top-Playern im internationalen Kongresswesen. Seit 2015 ist es Veranstaltungsort des ursprünglich in St. Gallen initierten internationalen Brustkrebskongresses (SGBCC). Dieser alle 2 Jahre stattfindende Kongress gilt weltweit als einer der wichtigsten Brustkrebskongresse, da bei ihm in einem Konsensus-Meeting die Standards für die internationale klinische Praxis der nächsten 2 Jahre bestimmt wird.

 

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