Von der Überlastungsverletzung bis zum plötzlichen Herztod: Radiologie wird im Spitzensport immer wichtiger
Nach wie vor sterben junge, als gesund geltende Leistungssportler an plötzlichem Herztod. Sportmedizinische und radiologische Vorsorgeuntersuchungen im Vereinssport können Herzprobleme und Überlastungsverletzungen aufdecken und so Knochenbrüche und Todesfälle verhindern. CT- und MRT-Geräte im Olympischen Dorf und auf dem Trainingsgelände sind daher längst im Profisport angekommen. Unter dem Motto „The Cycle of Life“ zeigt der diesjährige europäische Radiologiekongress (ECR) vom 1. bis 5. März im Austria Center Vienna, wie die Radiologie den Menschen von der Geburt bis zum Tod begleitet.
„Wer bei der Fußball-Europameisterschaft 2021 das erste Gruppenspiel von Dänemark gegen Finnland gesehen hat, kann sich noch gut an den Moment erinnern, in dem der dänische Mittelfeldspieler Christian Eriksen auf dem Spielfeld zusammengebrochen ist und nach einem Herzstillstand wiederbelebt werden musste,“ schildert PD Dr. med. Andrea B. Rosskopf die Situation. Dr. Rosskopf ist muskuloskelettale Radiologin am Medizinisch Radiologischen Institut (MRI) in Zürich und Research Associate an der Universitätsklinik Balgrist sowie Session-Koordinatorin des Schwerpunktes „Young Adults, Fitness and Sports“ beim europäischen Radiologie-Kongress. „Im Fall von Christian Eriksen ist noch einmal alles gut gegangen, aber nach wie vor kommen im Profisport auf 100.000 Sportler pro Jahr ca. 0,75 Todesfälle,“ erklärt die Radiologin. So starb beispielsweise 2003 Kameruns Nationalspieler Marc-Vivien Foé vor laufenden Kameras an einem plötzlichen Herzstillstand.
Sportmedizinische und -radiologische Untersuchungen retten Leben
„Um beim Spitzensport einen plötzlichen Herztod zu vermeiden, ist es wichtig, vorzubeugen. Wenn junge Menschen mit einem Vereinssport beginnen oder vorhaben, sich vermehrt sportlich zu betätigen, sollten sie sich im Vorfeld auch sportmedizinisch untersuchen lassen. Zu diesen Basisuntersuchungen gehören unter anderem EKGs und Lungenfunktionstests. Werden beim EKG Auffälligkeiten entdeckt, dann kommen die Kardiologen mit Herz-Ultraschall oder wir Radiologen mit Herz-MRT, also Herz-Magnet-Resonanz-Tomographie, ins Spiel,“ erklärt Rosskopf.
Herz-MRTs lassen normale Herzanpassung von Erkrankungen unterscheiden
Bei professionellen Athleten durchaus üblich ist die übungsinduzierte Herzanpassung durch den erhöhten Sauerstoffbedarf im Gewebe und die massive Kraftanstrengung. Man nennt dieses Phänomen auch Sportlerherz. Die Herausforderung bei den betreuenden Ärzten liegt nun darin, durch Herz-MRTs oder Herz-Ultraschall so eine normale Anpassung von krankhaften Veränderungen, die ähnlich aussehen können, zu unterscheiden. Im MRT können Herzkranzgefäße, die ein wenig anders verlaufen, Herzmuskelentzündungen oder verschiedene strukturelle Veränderungen der Herzmuskulatur – sprich Kardiomyopathien – aufgedeckt werden, die unerkannt zum Tod des Spitzensportlers führen können.
Karriereaus oder eingesetzte Defibrillatoren als Alternative
„Wird bei Spitzensportlern ein solches Krankheitsbild diagnostiziert, führt dies entweder dazu, dass der Sportler keinen Spitzensport mehr machen kann oder es gibt – wie im Fall Christian Eriksen – auch die Lösung, dass ein Defibrillator implantiert wird, der den plötzlichen Herztod bei Kammerflimmern verhindern soll,“ erklärt Rosskopf.
Radiologen im Einsatz bei Überlastungsverletzungen im Spitzensport
Häufig kommt es im Spitzensport auch zu Überlastungsverletzungen. Bei Leichtathleten und Läufern kommen Stressreaktionen in Mittelfußknochen, Schienbein und Becken – sprich den unteren Extremitäten – sehr häufig vor. Bei Kunstturnern im Kindesalter entstehen häufig Stressreaktionen bei den Wachstumszonen der Knochen. “Mithilfe von MRTs können wir den Schweregrad solcher Stressreaktionen bestimmen. Dies hilft dem Sportarzt abzuschätzen, wie lange ein Sportler pausieren muss,“ so Rosskopf, “denn erleidet ein Sportler einmal eine Überlastungsverletzung, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, wieder eine zu bekommen. Wird auf die Überbeanspruchung nicht reagiert, führt dies im schlimmsten Fall zum Knochenbruch, den man natürlich vermeiden möchte.“
Vom Radiologen im Olympischen Dorf und MRT-Gerät auf dem Trainingsgelände
„Ein wichtiger Trend ist daher, dass der Spitzensportler nicht zum Radiologen, sondern der Radiologe zum Spitzensportler kommt,“ erklärt Frau Rosskopf. Bei Sportgroßereignissen wie den Olympischen Spielen gibt es standardmäßig im olympischen Dorf schon MRT- und CT-Geräte sowie Ultraschallgeräte, die den Athleten kurze Wege und schnelle Diagnosen ermöglichen. In Deutschland gehören bei den Top-Fußballvereinen medizinische Check-Ups mit MRT- und CT-Geräten unmittelbar auf dem Trainingsgelände mittlerweile zur Routine. „Sobald sich ein Spitzensportler verletzt, ist hier im Nebengebäude schon alles für die Untersuchung und schnelle Diagnose bereit,“ so Rosskopf. Auch bei Spielertransfers – wie vor ein paar Wochen dem Wechsel von Yann Sommer von Borussia Mönchengladbach zum FC Bayern München – kommen mittlerweile routinemäßig MRT-Check-Ups zur Abschätzung des körperlichen Zustandes des Sportlers zum Einsatz.
Radiologie auch beim Breitensport schon angekommen
In Österreich gibt es mehr als 200.000 Sportunfälle pro Jahr – das sind 30 % aller Unfälle. Radiologen kommen auch hier in vielen Fällen im Zuge der Befundung zum Einsatz. Immer häufiger werden zudem auch interventionelle radiologische Verfahren in der Behandlung von Sportverletzungen eingesetzt, z.B. das ultraschallgesteuerte Spritzen von entzündungshemmenden Substanzen bei Überlastungsreaktionen von Sehnen und Gelenken. „Wir als Radiologen sind daher auch ein zentraler Pfeiler für die Diagnose und die Behandlung von Sport-Patienten,“ betont Rosskopf.
Über die IAKW-AG und den ECR
Die IAKW-AG (Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien, Aktiengesellschaft) ist verantwortlich für die Erhaltung des Vienna International Centre (VIC) und den Betrieb des Austria Center Vienna. Das Austria Center Vienna ist mit 19 Sälen, 180 Meetingräumen sowie rund 26.000 m² Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum und gehört zu den Top-Playern im internationalen Kongresswesen. Seit 1991 ist es Veranstaltungsort des alljährlichen europäischen Radiologie-Kongresses (ECR) mit seinen mittlerweile über 25.000 Teilnehmern. Er gilt als größter europäischer und zweitgrößter internationaler Kongress auf dem Gebiet der Radiologie.