28. Mai 2025

Chronische Nierenerkrankungen – eine globale Gesundheitskrise

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Medizinerin, die Nierenmodell zeigt
iStock, Pakawadee Wongjinda

Weltweit sterben 1,2 Millionen Menschen jährlich aufgrund einer chronischen Nierenerkrankung. Bis 2040 wird die chronische Nierenerkrankung die fünfthäufigste Todesursache sein. Vorsorgliche Screening-Programme bei Risikogruppen wie Diabetikern, Bluthochdruck-Patienten und Menschen, die an kardiovaskulären Erkrankungen leiden, sollen diesem Trend entgegenwirken. Mit unter anderem SGLT2-Inhibitoren gibt es zudem Medikamente, die das Fortschreiten der Krankheit wesentlich – um bis zu 17 zusätzliche Jahre – herauszögern können. Darüber und über weitere Fortschritte rund um die Niere geht es beim internationalen Kongress der European Renal Association (ERA), der vom 4. bis 7. Juni im Austria Center Vienna stattfindet.

„Über 10 Prozent der Gesamtbevölkerung sind von einer chronischen Nierenerkrankung betroffen. Das sind alleine in Österreich an die 800.000 bis 970.000 Menschen. Das große Problem dabei ist, dass die Niereninsuffizienz sehr schleichend und lange Zeit schmerzfrei verläuft, sodass Patienten sie erst spüren, wenn es fast zu spät ist. Einer alarmierenden Einschätzung der WHO soll die chronische Nierenerkrankung bis 2040 so zur fünfthäufigsten Todesursache weltweit aufsteigen. Dem wollen wir mit mehr Awareness für die Niere und einem gezielten Vorsorgeprogramm bei Risikogruppen entgegenwirken, denn eine chronische Nierenerkrankung kann sehr leicht diagnostiziert werden. Mittlerweile haben wir auch sehr gute Medikamente in der Hand, die das Fortschreiten der Nierenerkrankung stark verlangsamen und den Betroffenen viele dialysefreie Jahre ermöglichen können“, so Univ.-Prof. Dr. Kathrin Eller, 1. Stv. Abteilungsleiterin der Klinischen Abteilung für Nephrologie der MedUni Graz und Kongresssekretärin beim ERA-Kongress.

Vorsorgescreening soll Todesfälle deutlich reduzieren

„Derzeit stehen in Österreich den 970.000 Menschen, die an einer chronischen Nierenerkrankung leiden, an die 10.000 Betroffene gegenüber, die eine Nierenersatztherapie benötigen. Diese Differenz erklärt sich hauptsächlich dadurch, dass viele Menschen sterben, bevor sie eine Nierenersatztherapie brauchen,“ betont Eller. So geht die WHO davon aus, dass die Zahl an Menschen, die direkt aufgrund einer chronischen Nierenerkrankung sterben von derzeit 1,2 Millionen bis ins Jahr 2040 auf bis zu 4 Millionen Todesfälle weltweit steigen wird. „Viele sterben vor allem auch durch kardiovaskuläre Erkrankungen, denn das Herz ist gewissermaßen ein Spiegelbild der Niere. Früherkennungsprogramme bei Risikogruppen könnten diese Todesfälle deutlich reduzieren“, erklärt die Nephrologin. An die 20-40 % der Diabetiker, über 20 % der Hypertoniker und die Hälfte aller Herzinsuffizienzpatienten leiden nämlich auch an einem chronischen Nierenproblem. Werden derzeit nur Diabetiker auch auf ein Nierenleiden gescreent, wäre eine Erweiterung auf Bluthochdruck-Patienten, Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen und sukzessive weitere Risikogruppen wie bestimmte Autoimmunerkrankungen, Adipositas und Menschen, die eine Chemotherapie im Zuge ihrer Krebsbehandlung erhalten haben, wünschenswert. Experten aus den USA empfehlen sogar ein Screening der gesamten Bevölkerung.

Blut- und Harnproben als sichere und einfache Diagnosetools

„Ob eine chronische Nierenerkrankung vorliegt, lässt sich leicht durch Blut- und Urintests abklären. Im Blut fungiert das Kreatinin als Marker zur Abschätzung, ob die Filtrationsleistung der Niere passt. Bei Harnproben wird geschaut, ob und in welcher Menge das Eiweiß Albumin vorhanden ist“, so Eller. Eine chronische Nierenerkrankung liegt dann vor, wenn die glomeruläre Filtrationsrate der Niere kleiner als 60 ml in der Minute ist und im Harn das Eiweiß Albumin in der Konzentration von über 30ml/g vorhanden ist und diese Werte über 3 Monate hinweg bestehen.

SGLT2 Inhibitoren als Game Changer

Wird eine chronische Nierenerkrankung frühzeitig diagnostiziert, kann durch entsprechende Behandlung der Fortschreitungsprozess der Erkrankung erheblich verlangsamt werden. „Als wahre Game Changer haben sich hier die SGLT2 Inhibitoren gezeigt. Ursprünglich für die Diabetes-Behandlung entwickelt, verbessern sie die glomeruläre Filtrationsrate der Niere enorm. In Kombination mit anderen Medikamenten gehen wir derzeit davon aus, dass die Patienten, die an einer chronischen Nierenerkrankung leiden, so bis zu 17 zusätzliche Jahre ohne Nierenersatztherapie gewinnen können“, betont die Nephrologin. Zudem wirken eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von 1,5-2 L am Tag, regelmäßige Bewegung, Nikotin-Karenz und ein Gewichtsmanagement positiv auf die Niere.

Tragbare Dialysegeräte & Schweinenieren – Forschung für Nierenersatztherapie

Ist eine Nierenersatztherapie notwendig, kommt es zur Dialysebehandlung oder Nierentransplantation. „Um zukünftig bei Dialysepatienten die Lebensqualität zu verbessern und ihnen die Möglichkeit zu geben, Toxine über einen längeren Zeitraum zu filtern, wird an tragbaren Dialysegeräten, künstlichen Nieren und biosensorgesteuerter individualisierter Dialyse geforscht. Bis wir hier Änderungen in der Praxis sehen, wird es allerdings noch dauern“, so Eller. An die 500 Menschen in Österreich bekommen alljährlich eine transplantierte Niere, 10 bis 15 Prozent davon von Lebendspendern. Um hier die Transplantationsmedizin zu verbessern, wird in der Forschung an neuen Immunsuppressiva gearbeitet, die auch mit geringerer Dosierung und damit schonender für den Körper Abstoßreaktionen verhindern können. „Aufgrund des Engpasses an menschlichen Organen wird auch an der Möglichkeit von Xenotransplantationen gearbeitet. Hier werden Schweine so genetisch verändert, dass sie Nieren entwickeln, die sich für uns Menschen gut eignen und nicht sofort abgestoßen werden“, erklärt Eller. In den USA wurde bereits eine solche experimentelle Xenotransplantation durchgeführt.

Über die IAKW-AG

Die IAKW-AG (Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien, Aktiengesellschaft) ist verantwortlich für die Erhaltung des Vienna International Centre (VIC) und den Betrieb des Austria Center Vienna. Das Austria Center Vienna ist mit 21 Sälen, 134 Meetingräumen sowie rund 26.000 m² Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum und gehört zu den Top-Playern im internationalen Kongresswesen.

Weitere interessante Informationen zu Legacy-Projekten rund um den ERA-Kongress: ERA-Kongress 2025 in Wien: Nephrologie & Nierengesundheit – meeting.vienna.info

Kontakt

Claudia Reis

Stv. Pressesprecherin

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