Immuntherapien – Neue Hoffnung für krebskranke Kinder
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Alljährlich erkranken in Österreich bis zu 120 Kinder an Leukämie oder Lymphomen. Wie moderne Immuntherapien ihre Krebsbehandlungen verbessern können und wie die Fachgebiete Immunologie, Hämatologie und Onkologie noch besser zusammenarbeiten und voneinander lernen können, darum geht es beim gemeinschaftlichen ESID-EHA-SIOPE Focused Symposium, das vom 18. bis 20. November im Austria Center Vienna stattfindet.
„Pro Jahr erkranken in Österreich 250 bis 300 Kinder an Krebs. Bis zu 40 Prozent davon haben eine akute Leukämie – sprich Blutkrebs – oder ein hochmalignes Lymphom – sprich Lymphdrüsenkrebs. Hinzu kommt, dass 10 bis 15 Prozent aller Kinderkrebspatienten eine angeborene Neigung haben, die sich auch in Form von immunologischen Erkrankungen (Inborn Errors of Immunity) zeigt. Daher ist es so wichtig, dass die Immunologie, Hämatologie und Onkologie gemeinsam an einem Strang ziehen“, so Univ.-Prof. OA Dr. Andishe Attarbaschi, Co-Direktor des St. Anna Kinderspitals, Experte für pädiatrische Hämatologie und Onkologie und Mitglied im Scientific Committee des gemeinschaftlichen ESID-EHA-SIOPE Focused Symposiums. „In Bezug auf die Kinderonkologie selbst ist es bei Leukämien und Lymphomen unser Ziel, zukünftig verstärkt antikörperbasierte Immuntherapien und zelluläre Immuntherapien als Ergänzung oder, wo möglich, auch als Ersatz von Chemotherapien anbieten zu können. Dadurch wollen wir gleich gute oder sogar noch bessere Heilungsraten bei gleichzeitig weniger Nebenwirkungen schaffen“, so Attarbaschi.
Bereits bis zu 90 % Heilungschance bei kindlichem Blutkrebs
„Da sich bei Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter die Zellen besonders schnell vermehren, wirken unsere bestehenden Chemo- und Strahlentherapien, die sich insbesondere auf sich teilende Zellen fokussieren, besonders gut. 80 bis 85 % aller kindlichen akuten lymphoblastischen Leukämie-(ALL)-Patienten können im ersten Anlauf, weitere 60 % im zweiten Anlauf geheilt werden. Damit erreichen wir hier schon eine gute Heilungsrate von 95 %“, erklärt der Kinderonkologe. Auch bei Lymphomen gibt es – je nach Unterart – eine gute Prognose. Insgesamt können hier 85 bis 90 % der Kinder geheilt werden. Die Chemotherapeutika, die bei der standardisierten Therapie eingesetzt werden, haben aber auch Nebenwirkungen wie Infektionen, schmerzhafte Schleimhautentzündungen, Organschäden, äußerliche Veränderungen wie der Haarausfall und mögliche Beeinträchtigung des Fortpflanzungsvermögens. „Daher suchen wir nach neuen Therapieformen, die weniger Nebenwirkungen haben, aber die gleichzeitig die gute Prognose der bestehenden Therapieformen beibehalten oder sogar verbessern“, betont Attarbaschi.
Moderne CAR-T-Zellen-Therapie als Große Hoffnung bei Leukämie
Große Hoffnung, um dieses Ziel zu erreichen, machen moderne Immuntherapien. „Die CAR-T-Zellen-Therapie ist derzeit die modernste Immuntherapie, die wir in der Kinderonkologie haben“, erklärt Attarbaschi. Diese Therapie nutzt die körpereigenen Abwehrzellen (T-Zellen) des Kindes. Sie werden im Labor gentechnisch verändert und können dann die Krebszellen mithilfe eines speziellen Sensors, dem sogenannten CAR, gezielt erkennen und zerstören. „Die CAR-T-Zellen-Therapie kommt derzeit bei bestimmten Formen der Leukämien, die bisher nicht heilbar waren, zum Einsatz. Da die Therapie fast nur die Krebszellen selbst angreift, hat sie deutlich weniger Nebenwirkungen und es kommt hierbei auch nicht zu schwerwiegenden Spätfolgen. Wir arbeiten daher daran, sie auch in anderen Fällen, vor allem auch in früheren Therapielinien des Blutkrebses, einsetzen zu dürfen“, betont der Kinderonkologe.
Mit vereinten Kräften erblich bedingten Krebs bei Kindern bekämpfen
Wie wichtig das Zusammenspiel von Immunologie, Hämatologie und Onkologie ist, zeigt sich auch am Beispiel der genetischen Erkrankung „Ataxia Teleangiectasia“. „Dieser Immundefekt führt u.a. zur Immunschwäche und einem erhöhten Risiko für bestimmte Krebsarten wie Lymphome und Leukämien. Hinzu kommt, dass wir gelernt haben, dass wir diese Lymphome und Leukämien anders behandeln müssen, da die Kinder aufgrund ihrer angeborenen Erkrankung die klassische, intensive Chemotherapie nicht aushalten können,“ erklärt Attarbaschi. Genau deshalb ist es wichtig, jene 10 bis 15 Prozent der Krebserkrankungen, die auf dem Boden einer Neigung entstehen, durch interdisziplinäre Prädispositionsboards zu erkennen. Hinzu kommt, dass dadurch auch das Erkrankungsrisiko von Geschwisterkindern besser abgeschätzt und Vorsorgeprogramme bei ihnen gestartet werden können.
Innovative Checkpoint-Inhibitoren-Therapie bei hochmaligen Lymphomen
Für Kinder, die bei hochmalignen Lymphomen (zum Beispiel Morbus Hodgkin) einen Rückfall haben, gibt es nun eine innovative Immuntherapie – die Checkpoint-Inhibitoren-Therapie, die in Kombination mit antikörperbasierten Therapien eindrucksvolle Ergebnisse erzielen kann. Die Checkpoints sind die Kontrollpunkte des Immunsystems, die verhindern, dass Immunzellen gesunde Körperzellen angreifen. Da manche Krebszellen diese Checkpoints jedoch nutzen, um sich vor dem Immunsystem zu verstecken, lösen die Checkpoint-Inhibitoren diese „Bremsen“. Die T-Zellen können dann wieder aktiv werden und die Krebszellen gezielt angreifen. „Ich bin sehr froh, dass wir mit der Checkpoint-Inhibitoren-Therapie eine mögliche, aber wirksame Alternative zur Chemotherapie haben, auf die wir in diesen Spezialfällen zurückgreifen können“, betont der Kinderonkologe.
Über die IAKW-AG und das ESID-EHA-SIOPE Focused Symposium
Die IAKW-AG (Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien, Aktiengesellschaft) ist verantwortlich für die Erhaltung des Vienna International Centre (VIC) und den Betrieb des Austria Center Vienna. Das Austria Center Vienna ist mit 21 Sälen, 134 Meetingräumen sowie rund 26.000 m² Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum und gehört zu den Top-Playern im internationalen Kongresswesen. Für das ESID-EHA-SIOPE Focused Symposium veranstalten erstmalig die drei europäischen Fachorganisationen European Society for Immunodeficiencies (ESID), European Hematology Association (EHA) und European Society of Paediatric Oncology (SIOPE) einen gemeinsamen Kongress. Das Symposium soll eine umfassende Plattform bieten, um zu untersuchen, wie Immundefekte hämatologische und onkologische Erkrankungen beeinflussen können und umgekehrt, und wie jedes Fachgebiet einzigartige Erkenntnisse liefert, die zur Verbesserung von Diagnose-, Behandlungs- und Managementstrategien beitragen.
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